Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus der Freien Presse vom 13. Juni 2003

Carlsfeld: Die Rückkehr einer Faszination auf Rädern

Arbeiten für eine Wiederbelebung des Eisenbahnverkehrs in vollem Gange - 300 Besucher beim Premieren-Lokschuppenfest in Carlsfeld

Foto: Eberhard Mädler
Der Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen in Carlsfeld will den Fahrbetrieb entlang der früheren Bahnstrecke von Adorf nach Aue reaktivieren. Im Bild der Carlsfelder Lokschuppen.
Foto: Eberhard Mädler

Grafik: Freie Presse Ariane Bühner

Das Bahnnetz im Vogtland und Westerzgebirge. Von Wilkau-Haßlau nach Carlsfeld führte einst die erste sächsische Schmalspurbahn.
Grafik: Freie Presse Ariane Bühner
. Carlsfeld/ Adorf. Zum ersten Mal seil 36 Jahren liegen in Carlsfeld wieder Schmalspur-Schienen. Nicht nur im dortigen Lokschuppen, sondern auch außerhalb dieses letzten originalgetreu erhalten gebliebenen einständigen „Heizhauses" Sachsens sind die Arbeiten für eine Wiederbelebung des „Eisenbahnverkehrs” in Carlsfeld in vollem Gange. Pfingstsonntag überzeugten sich in dem „Fast-Vogtland-Dorf” davon fast 300 Neu- und Wissbegierige beim Premieren-Lokschuppenfest des Fördervereins Historische Westsächsische Eisenbahnen (FHWE) am einstigen Schluss- und „Höhe”punkt der ersten Sächsischen Kleinbahn.

Bis 1967 war die „Bimm” von 280 Höhenmetern in Wilkau-Haßlau bis auf deren 820 in Carlsfeld gedampft. Jetzt bemüht sich der FHWE um die Neubelebung eines zweiten Teilstückes dieser traditionsreichen Strecke, nachdem im zurückliegenden Jahrzehnt bereits der Abschnitt zwischen Stützengrün und Schönheide durch den dort angesiedelten Museumsbahnverein erfolgreich wiederaufgebaut wurde. Bereits im Dezember diesen Jahres soll eine fahrtüchtige Dampflokomotive in Carlsfeld ein kurzes Bahnhofs-Gastspiel geben: Das IV-K-Exemplar „99 590” macht auf seinem Rücktransport aus dem Meininger Bahnwerk zur Jöhstädter Kleinbahn am Hirschkopf Zwischenstation.

Traditionszug ins Oberland

Gleichzeitig will man einen Fahrbetrieb entlang der 1875 eröffneten Regelspurstrecke Adorf-Aue-Chemitz reaktivieren. Konkret denkt man dabei an den 18-Kilometer-Abschnitt zwischen Muldenberg, Morgenröthe-Rautenkranz und Wilzschhaus. An letztgenanntem Bahnhof namens „Schönheide Süd” ist bereits die Rekonstruktion des Güter- und Lokschuppens durch den rührigen Verein abgeschlossen.

„Unser Ziel bleibt es den geschichtsträchtigen und in deutschen Landen so wohl kaum noch existierenden Spurwechselbahnhof weitestgehend zu erhalten“, so Marco Drosdeck. Die Verhandlungen zu einer Übernahme von Immobilien und Grundstück laufen bereits seit Jahren. Perspektivisch angedacht ist ein Motordraisinen- aber auch ein Traditionszug-Betrieb auf breiter Schiene. 2005 sollen dafür die Signale endgültig „auf grün” gestellt sein. Emsig gearbeitet wird dafür bereits in Adorf. Eine ABM-Brigade saniert dort einen dreiachsigen Reko-Waggon der Gattung „Bag” für den FHWE und den Vogtländischen Eisenbahnverein Adorf e.V. „Dieser Wagen soll den Grundstock für einen in Adorf stationierten Regelspur-Traditionszug für die Grenzregion Vogtland und Erzgebirge darstellen!”, so Marco Drosdeck. Dritter Verein im Bunde sind die Eisenbahnfreunde Klingenthal e.V.

Bahnambiente kehrt zurück

„Das Bahnambiente rund um Carlsfeld wird bereits wieder spürbar”, freut sich FHWE-Vereinschef Marco Drosdeck, „das zukünftige Gleisbett wird in den nächsten zwei Wochen bis auf 18 Meter hinauswachsen!” Dies geschieht in „Kooperation” von ehrenamtlichen Vereinshelfern und ABM-Beschäftigten. Das verwendete Gleismaterial stammt zum Großteil vom Streckenabbau zwischen Wolfsgrün und Blauenthal entlang der nahen Ex-Regelspurstrecke Chemnitz-Aue-Adorf. Die Gleise vom stillgelegten Bahnhof Blauenthal sowie einige 100 Meter Streckenschienen zwischen dem ehemaligen Bahnübergang an der Bundesstraße 283 und Wolfsgrün waren erst im April 2003 zurückgebaut worden. „Alles neu” machte der zurückliegende Mai auch direkt am und im Carlsfelder Lokschuppen. In der zweiten Woche des Wonnemonates begann man mit dem Außenanstrich für diesen einzigartigen Zeitzeugen der regionalen Verkehrsgeschichte.

„Zwei Jahre nach der Fertigstellung der Außensanierung bekommt das Gebäude nun endlich seinen originalen Braunton wieder”, freut sich Drosdeck, stellvertretend für seine 30 Vereinsmitglieder, „aber auch die Innensanierung macht erneute Fortschritte!” Dazu zählt die Pflasterung des Werkstattraumes im hinteren Gebäudeteil mit historischem Holzpflaster, das aus dem vor neun Jahren abgerissenen Güterschuppen am einstigen Streckenort Rothenkirchen stammt. „Unser Mitstreiter Sandro Höppner hatte es damals zusammen mit zwei historischen Innenraum-Gaslaternen kurz vor dem Abriss gerettet“, erinnert sich Drosdeck. Mittlerweile haben auch sämtliche Innentüren des Carlsfelder Vereinsdomizils historische Schließvorrichtungen erhalten.

In Vereinsarbeit wurde noch bis unmittelbar vor dem sonntägigen „Tag der offenen Tür” die Lok-Untersuchungsgrube saniert. Drosdeck: „Dabei haben wir zunächst die noch vorhandene restliche Ausmauerung der Grube aus Zeiten ihrer zweckentfremdenden Nutzung als LKW-Garage mühevoll wieder entfernt!” Erst danach konnten neue Stützen für die Befestigung der Fahrschienen gemauert, darauf Betonköpfe für die Montageplatten gegossen und anschließend die Schienen montiert werden.

Buch zur Bahngeschichte

Beide bedeutungsvollen Strecken, die sich in Wilzschhaus mittels einer genialen Brücken-Kombination kreuzten, sind in einem frisch erschienenen Buch des FHWE bild- und faktenreich gewürdigt. Das 200-seitige Druckwerk mit vielen Fotografien entwickelte sich beim Lokschuppenfest zum Verkaufsschlager. Über fünfzig Mal wurde „Die Eisenbahnstrecke Aue-Adorf und die schmalspurige Wilzschtalbahn Schönheide Süd-Carlsfeld” an die begeisterten Flügelrad-Fans aus ganz Sachsen verkauft. Bestellungen sind unter CA-Buch@fhwe.de möglich.

SPENDEN

Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen, Konto 366 7000 099, BLZ 870 560 00, KSK Aue-Schwarzenberg.

von Eberhard Mädler
9.6.2003

FHWE-Presseartikel

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