Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus der Oktober-Ausgabe vom Eisenbahn-Kurier aus dem Jahr 2003

Das Museumsbahn-Projekt des FHWE im Westerzgebirge

Foto: Holger Drosdeck
Der Bahnhof Schönheide Süd bildet den Mittelpunkt der Aktivitäten des Fördervereins Historische Westsächsische Eisenbahnen e. V. (FHWE). Hier sanierte der Verein bereits den Güter- sowie den Kleinlokschuppen, in dem die V 10B (LKM 1960/252107, ex VEB Eisenwerk Schönheiderhammer) des FHWE (Eigentum der Eisenbahnfreunde Klingenthal e. V.) abgestellt ist. Derzeit laufen die Verhandlungen zur Übernahme des Empfangsgebäudes.

Foto: Holger Drosdeck

So sah der Lokschuppen Carlsfeld am 17. Dezember 1999 aus. Eine ABM-Truppe hatte mit dem Abriss des Gebäudes begonnen, der aber vom FHWE gestoppt werden konnte.

Foto: Holger Drosdeck

Als am 6. Juni 2003 diese Aufnahme entstand, hatte das Heizhaus Carlsfeld seine Verjüngungskur hinter sich, soeben wurde der oxydrote Anstrich fertig gestellt. Außerdem liegt bereits wieder ein erstes Gleis.

Foto: Holger Drosdeck

Am 27. August wurde 99 1568 der IG Preßnitztalbahn e. V. von Jöhstadt leihweise nach Carlsfeld transportiert. Hier soll sie voraussichtlich bis zum Dezember im Lokschuppen Carlsfeld bleiben. Spezielle Fotoveranstaltungen - vielleicht dann auch unter Dampf - auf dem erst 30 m langem Gleis sind noch in Planung.
. Seit der politischen Wende in der DDR ist der Wiederaufbau von Schmalspurbahnen bzw. die Neugründung von Museumsbahnvereinen in Sachsen immer wieder ein Thema unter Eisenbahnfreunden. Im Erzgebirge entstand so ein Drittel der alten Preßnitztalbahn neu: die Museumsbahn Schönheide baute zwischen Stützengrün und Schönheide Mitte einen Teil der einst längsten sächsischen Schmalspurbahn von Wilkau-Haßlau nach Carlsfeld (WCd-Linie) wieder auf. Seit über vier Jahren gibt es nun einen zweiten Verein, der sich dieser Linie widmet - den Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e. V. (FHWE). Gegründet wurde er am 19. April 1999 und hat seinen Sitz in Carlsfeld.

Den Mitgliedern des FHWE liegen aber gleich zwei Eisenbahnstrecken am Herzen: Außer um die Schmalspurbahn Schönheide Süd - Carlsfeld („Wilzschtalbahn”) als Teil der ehemaligen WCd-Linie bemühen sie sich auch um eine Nutzung der regelspurigen Strecke Schönheide Ost - Schönheide Süd - Muldenberg als Teil der früheren Verbindung Chemnitz - Aue - Adorf (CA-Linie). Während die Schmalspurbahn ihren Betrieb 1967 einstellte und bis 1970 demontiert wurde, sind die Gleise der CA-Linie im betreffenden Abschnitt noch vorhanden. Ein Zug fuhr hier letztmals Anfang 1996.

Die Regelspur-Aktivitäten

Für die Übernahme und den Betrieb der Strecke Schönheide Ost - Muldenberg wurde im Jahr 2000 ein Grobkonzept erarbeitet. Dieser Teil der CA-Linie soll zukünftig wieder touristisch genutzt werden. Der Erhalt der Strecke begründet sich in deren kulturhistorischem Wert für die mitteldeutsche Eisenbahnlandschaft. In Sachsen werden eine Reihe von Schmalspurbahnen erhalten. Bisher wird hier jedoch keine regelspurige Eisenbahninfrastruktur, die den typischen Zustand einer deutschen Nebenbahn der dreißiger bis achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts widerspiegelt, museal erhalten. Dort, wo Nebenbahnen modernisiert werden, verlieren sie zwangsläufig ihren klassischen Charakter. Authentisches Eisenbahnumfeld, wie original erhaltene Gebäude. mechanische Schrankenanlagen oder Formsignale, gehen den Weg des alten Eisens. Dem sinnvollen Erhalt dieser Dinge widmet sich der FHWE. Das Vorhaben „Schönheide Ost - Muldenberg” ist für Sachsen hierdurch bisher beispiellos. Für die Strecke ergeben sich drei Nutzungsarten:
Bevor sie wieder vollständig befahrbar ist, will der FHWE von Schönheide Süd aus Fahrten mit speziell umgebauten SKL zur touristischen Gaudi anbieten. Das Angebot zielt nicht explizit auf Eisenbahnfreunde ab, sondern auf die Allgemeinheit. Ein derartiger Betrieb ist zwar nicht historisch, stellt aber eine erste wichtige Nutzungsmöglichkeit für die Gleisanlagen dar. Perspektivisch soll die Strecke in Muldenberg wieder an das „übrige” Eisenbahnnetz angebunden werden. Ist dies der Fall, so können andere Eisenbahnvereine mit ihren historischen Fahrzeugen nach Schönheide Süd und Ost gelangen. Durch die landschaftliche Schönheit sowie vorhandene touristische Angebote entlang der Linie ist die Strecke ein attraktives Ziel für Sonderfahrten. Während der kalten Jahreszeit sind Sondertriebwagen der Vogtlandbahn als Wintersportzubringer denkbar, wie sie bereits nach Klingenthal verkehren.

Die Gleise der Strecke Schönheide Ost - Muldenberg befindet sich bis auf einige hundert Meter in einem guten bis sehr guten Zustand. Selbiges trifft auf die Brücken zu. Dadurch ist die Wiederinbetriebnahme der Strecke als realistisch einzustufen. Ein wichtiger Schritt zum Erhalt der Bahn war im Jahr 2001 die Sanierung eines Bahnüberganges über die B 283 zwischen Schönheide Ost und Süd. Ohne das Wirken des FHWE wäre dieser Bahnübergang ausgebaut worden und nach deutschem Recht nie wieder herstellbar gewesen. 2002 wurden zwei weitere Bahnübergänge in den Ortslagen Tannenbergsthal und Hammerbrücke saniert. Derzeit erfolgt die Sanierung eines vierten Bahnübergangs.

Für eine möglichst baldige Aufnahme des touristischen Eisenbahnbetriebes beschaffte der FHWE einen SKL sowie mehrere Beiwagen, und es wurden technische Zeichnungen für deren Umbau (Ausrüstung mit Sitzbanken, Dach usw.) erstellt. Kernstück der regelspurigen Aktivitäten des FHWE ist der Bahnhof Schönheide Süd. Dieser soll als typische sächsische Durchgangsstation an einer Nebenbahn ausgestaltet werden, mit der Option der Erweiterung zum Spurwechselbahnhof. In Schönheide Süd sanierte der FHWE bereits den vorher völlig verfallenen Güterschuppen sowie den bis 2002 ebenso desolaten Kleinlokschuppen. Derzeit wird über die Übernahme des Empfangsgebäudes sowie der Streckeninfrastruktur verhandelt.

Der FHWE hofft, möglichst schon im nächsten Jahr erste Fahrten auf der CA-Linie zwischen Schönheide Süd und Rautenkranz anbieten zu können.

Die Schmalspur-Aktivitäten

In Carlsfeld rettete der FHWE 1998 den Schmalspurlokschuppen vor dem Abriss, der schon begonnen hatte. Das heute in seiner Art einmalige Gebäude ist ein Standardbau, von welchem in Sachsen einst 17 Exemplare existierten. Ende des Jahres 2000 begann die Komplettsanierung des Heizhauses, welche u. a. eine Totalerneuerung des Daches, den Austausch zahlreicher Fachwerkbalken, das Einsetzen neuer Fenster, die Anfertigung einer neuen Holzverkleidung sowie die Herstellung eines neuen Schuppentores beinhaltete. Anfang 2001 waren diese Arbeiten beendet, und bis zum Sommer 2003 folgten die Wiederherstellung der Untersuchungsgrube, die Anbringung des Innenputzes, die Erneuerung des Aufenthaltsraumes und der Werkstatt sowie letztlich der oxydrote Außenanstrich. Seit Frühsommer 2003 liegt in Carlsfeld wieder ein Gleis - erstmals seit 34 Jahren. Auf diesem momentan noch kurzen Stück im und vor dem Lokschuppen - mit nur etwa 30 m Lange - soll es aber noch in diesem Jahr dampfen - erstmals seit über 36 Jahren! Dazu wurde am 27. August leihweise 99 1568 der IG Preßnitztalbahn e. V. nach Carlsfeld transportiert. Die IV K soll hier bis voraussichtlich zum Dezember dieses Jahres untergestellt bleiben; doch der FHWE plant derzeit auch spezielle Fotoveranstaltungen, gegebenenfalls sogar mit den dann wohl kürzesten Führerstandsmitfahrten in Deutschland! Hinweise zu diesen Aktionen gibt es auf den Netzseiten des FHWE www.fhwe.de oder unter www.eisenbahn-kurier.de und in den nächsten Monatsausgaben des EK.

Derzeit werden in Carlsfeld pro Woche etwa 45 Regelspurschwellen zu Schmalspurschwellen umgebaut, denn 2004 soll en in Carlsfeld die Bahnhofsgleisanlagen wiederaufgebaut werden. In der Perspektive ist auch an die Beschaffung eigener Schmalspurfahrzeuge für Carlsfeld gedacht, in erster Linie an Wagen. Der Kasten eines zweiachsigen gedeckten Güterwagens ist bereits geborgen, aber noch bei einem Vereinsmitglied hinterstellt.

TEXT & ALLE AUFN.: H. DROSDECK

FHWE-Presseartikel

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