Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus dem Preß’ Kurier vom Oktober/November 2003

Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten

Foto: Holger Drosdeck

Am 27. August 2003 passierte 99 568 die Reste des großen Viaduktes in Schönheide Süd (Wilzschhaus). 26 Jahre zuvor befuhr die Lok letztmalig diese Brücke.
Foto: H. Drosdeck
. Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e. V. (FHWE), Carlsfeld

Seit Mittwoch, dem 27. August, befindet sich 99 568 der IG Preßnitztalbahn e. V. beim FHWE im Lokschuppen Carlsfeld. Hier wird sie etwa bis Ende November verweilen. Damit kam die IG Preßnitztalbahn e. V. der Bitte des westerzgebirgischen Eisenbahnvereins, für Carlsfeld leihweise eine IV K zur Verfügung zu stellen, freundlicherweise nach. Den Entscheidungsträgern der IGP sei hierfür im Namen des FHWE recht herzlich gedankt!

Die Unterbringung von 99 568 in Carlsfeld stellt in zweierlei Hinsicht ein historisch bedeutsames Ereignis dar: Zum einen bespannte 99 568 am 30. April 1977 den letzten planmäßigen Zug auf dem Reststück der Schmalspurbahn Wilkau-Haßlau Carlsfeld, wobei sie auch den bekannten, 162 Meter langen Wilzschhäuser Viadukt ein letztes Mal überquerte. Am 27. August 2003 kehrte die Lok nach 26 Jahren erstmals wieder in die Nähe dieses Brückenbauwerkes zurück. Dieses Mal fuhr sie jedoch nicht über die Brücke, sondern per Tieflader unter dem ehemaligen Viadukt hindurch. Am nördlichen Widerlager wurde der Bedeutung der Stunde entsprechend ein kurzer Fotohalt eingelegt.

Zum anderen kehrt durch den Carlsfeld-Aufenthalt von 99 568 erstmalig seit 1967 wieder Eisenbahn-Leben in Form einer unter Dampf stehenden Lok in Carlsfeld ein, also nach über 36 (!) Jahren. Dies stellt im Rahmen der Wiederaufbauaktivitäten stillgelegter Schmalspurbahnen nach 1990 einen Rekord dar. Noch nie war an einem Bahnhof so lange keine Lok mehr anwesend, bevor die Aktivitäten eines Eisenbahnvereins eine Renaissance brachten. In Jöhstadt befand sich zwischen 1984 und 1992 acht Jahre lang keine Lok, in Schönheide zwischen 1978 und 1992 immerhin 14 Jahre lang nicht. In Rittersgrün herrschte zwischen 1972 und 2001 „Dampfpause”, also 29 Jahre lang. In der Prignitz drehte sich zwischen 1969 und 2002 ganze 33 Jahre lang kein Dampflokrad. In Carlsfeld ist mit 36 Jahren Bahn-Abstinenz nun ein neuer Zeitrekord entstanden, bevor es am 6. September 2003 auch hier wieder dampfte. Mancher herbeigeeilter Schaulustiger traute seinen Augen kaum, als sich punkt 10 Uhr das Schuppentor öffnete und die IV K mit einem langen Pfiff herausrollte. Zwar war diese Fahrt bereits nach nur 30 Metern wieder zu Ende, denn ein längeres Gleis lag Anfang September in Carlsfeld noch nicht, für alle Anwesenden war es dennoch ein großer Augenblick. Vor allem aber für den FHWE stellte dies wohl den bisher größten Moment in der erst 1999 begonnenen Vereinsgeschichte dar. Anlass für das Unterdampfsetzen der 99 568 bildete am Wochenende 6./7. September die diesjährige Carlsfelder Kirmes. Es wurde ein schönes, sonniges Wochenende mit vielen begeisterten Besuchern. Am Samstag kamen etwa 400 und am Sonntag gar rund 600 Besucher, um sich das Spektakel anzusehen. Mit der Aktion gewann der FHWE auch abermals an Mitgliederstärke. 1999 mit sieben Leuten gegründet, zählt der Verein inzwischen knapp 50 Mitstreiter. Am Wochenende 11./12. Oktober 2003 veranstaltet der FHWE ein weiteres Bahnhofsfest, zu welchem 99 568 abermals in Carlsfeld unter Dampf stehen wird. Dann soll die Lok bereits doppelt so viel „Auslauf” haben wie im September, denn das derzeit einzige Gleis in Carlsfeld wird bis dahin auf 60 Meter Länge angewachsen sein.

Holger Drosdeck

FHWE-Presseartikel

Alle Inhalte / Fotos dieser Seite unterliegen dem Urheberrecht des Herausgebers. Nachdruck (auch auszugsweise) und jede Art der Vervielfältigung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages / des Herausgebers zulässig.